Die Wachstumsfuge
Von diesem dynamischen Bereich des Knochens geht das Wachstum aus
Die Wachstumsfuge liegt an am Ende des Knochens zwischen der so genannten Epiphyse und dem Schaft des Knochens (Diaphyse Bild 1). Das Ende des Knochens ist mit Gelenksknorpel überzogen und bildet mit dem nächsten Knochen das Gelenk.
Am Ende der Wachstumsphase schließt sich die Wachstumsfuge zwischen dem 15. und 22. Lebensjahr. Ab dann werden wir langsam aber doch wieder kleiner.
Verletzungen
Obwohl die meisten Verletzungen der Wachstumsfugen zum Glück harmlos sind und gut ausheilen hat diese Art der Verletzung doch ihren Schrecken. Bei Wachstumsfugenfrakturen droht eine Wachstumsstörung des Knochens. Um das Risiko und die Gefahr einer solchen Störung einschätzen zu können werden die Verletzungen nach Aitken eingeteilt (Bild 2). Aitken 0 und Aitken 1 Verletzungen stellen dabei Wachstumsfugenlösungen ohne und mit Knochenkeil dar. Zu unangenehmen Wachstumsstörungen führen besonders Aitken 2 und 3 Verletzungen, die man auch als Epiphysenfrakturen bezeichnet (Bild 3). Der Frakturverlauf durch die Wachstumsfuge birgt das Risiko einer, in der Heilung entstehenden Knochenbrücke, die das weitere Wachstum behindert. Es kommt dann zu Achsenabweichungen zum Beispiel im Sinn eines X- oder O-Beins, oder einem verkürzten Längenwachstum. Diese Komplikationen einer kindlichen Fraktur ist durch eine exakte Einrichtung zu verhindern. Dazu ist meistens ein operativer Eingriff erforderlich. Die häufigst betroffene Wachstumsfuge ist die des Oberarmes am Ellbogen.
Wachstumsfugenlösung ohne Unfall
Eine besondere Form tritt am Hüftende des Oberschenkelknochens auf. Hier kommt es zu einem langsamen Abrutschen des Oberschenkelkopfes ohne Unfall (Bild4) Betroffen davon sind besonders häufig zehn- bis vierzehnjährige Jungen mit etwas Übergewicht. Wir behandeln mit einem operativen Eingriff, bei dem Schrauben zur Stabilisierung eingebracht werden. Dabei ist es wichtig, das Problem sehr schnell zu erkennen, um das Abrutschen sofort stoppen zu können.
Überlastungen der Wachstumsfuge
An Stellen, wo starke Sehnen im Wachstumsfugenbereich an den Knochen ziehen treten besonders bei sportlich aktiven Kindern und Jugendlichen Überlastungsprobleme auf. Am bekanntesten ist der Morbus Schlatter am Knieende des Unterschenkelknochens, wo die Patellasehne ihren Ansatz hat (Bild5). Durch die starken Zugkräfte kommt es hier zu einer sichtbaren Verdickung am Knie. Diese entsteht durch eine Fragmentierung des Ansatzareals, die schmerzhaft ist. Ein identisches Problem gibt es an der Ferse wo die Achillessehne in das Fersenbein zieht (Morbus Sever). Die Behandlung dieser Überlastungen besteht in einer Reduzierung der Belastung und lokalen entzündungsreduzierenden Maßnahmen. In besonders lange andauernden Fällen kann die Problematik zwei Jahre bestehen, besonders dann wenn die Schonung nicht früh und ausreichend durchgeführt wird. Keine großen Sorgen muss man sich bezüglich der Ausheilung machen, diese ist meistens vollständig und folgenlos mit Ausnahme einer bleibenden Vorwölbung am Knie.
Wachstumsfugen bei kindlichen Kreuzbandverletzungen
Wir behandeln jedes Jahr mehrere Kinder mit Kreuzbandverletzungen. Wenn es sich um einen knöchernen Ausriss des vorderen Kreuzbandes handelt kommt eine Operationsmethode zur Anwendung, die die Wachstumsfuge nicht berührt. Das knöcherne Fragment wird arthroskopisch wieder in die richtige Position gebracht und mit kleinen Schrauben exakt fixiert. Wenn das Kreuzband selbst zerrissen ist besteht bei Kindern die Notwendigkeit einer Kreuzbandersatzplastik. Es ist durch viele Studien erwiesen, dass eine nicht operative Behandlung der Kreuzbandruptur beim Kind praktisch immer zu schweren Problemen im Kniegelenk führt. Diese bestehen in einer persistierenden Instabilität und einer weitergehenden Verletzung im Kniegelenk mit Knorpel und Meniskusschäden. Aufgrund der Wachstumsfugen nahe der Gelenksoberfläche wird die Operationstechnik modifiziert, sodass Wachstumsstörungen verlässlich vermieden werden können. Aus unserer und internationaler Erfahrung kann die Vorgangsweise mit mehrjährigem Abwarten bis zum Wachstumsabschluss bis zur Stabilisierungsoperation nicht empfohlen werden, weil sie mit einem hohen Risiko der Meniskus- und Knorpelverletzung behaftet ist.
Moderne Diagnostik und minimalinvasive Behandlungsoptionen haben die Ergebnisse von Wachstumsfugenverletzungen deutlich verbessert und Ihnen den Schrecken großteils genommen.