Operation Wirbelsäule
Eine Bestandsaufnahme
Text: Helmut Hiertz
Die Entscheidung für oder gegen einen Eingriff an der Wirbelsäule kann nicht nach subjektiven Kriterien und Meinungen erfolgen, sondern basierend auf den Leitlinien der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften).
Diesen internationalen Empfehlungen folgend bestehen zwei klare Kriterien für eine Wirbelsäulenoperation:
1. Neurologisches Defizit: Bei Schwäche/Lähmung im Arm-Beinbereich, Störung der Blasen-Darmfunktion, oder Rückenmarksproblemen bis zur Querschnittsproblematik besteht die Notwendigkeit sofort zu operieren.
2. Therapieresistente Schmerzen: Jeder anhaltende Schmerz, ausgehend von der Wirbelsäule sollte umgehend abgeklärt werden mit Röntgen, MRI, CT und genauer Untersuchung. Dann folgt eine exakte Schmerztherapie und Physiotherapie. Wenn nach 12 bis 16 Wochen keine Besserung eintritt, sollte entsprechend der Leitlinien operiert werden.
Bei der klinischen Untersuchung sind folgende Fragen entscheidend:
- Wie ist die Stellung der Wirbelsäule?
- Wie die Stabilität?
- Liegt ein isoliertes Nervenproblem vor oder auch ein Problem an der Wirbelsäule?
- Geht es nur um Kreuzschmerzen – dann ist auch an das Kreuz-Darmbeingelenk (ISG) zu denken.
- Voroperationen mit Narben?
Basierend auf diesem Befund erfolgt eine genaue Planung der Operation. Genügt eine alleinige Entlastung oder auch eine Stabilisierung mit Korrektur der Stellung. Abbildung 1 zeigt die Methoden der Entlastung. Eine Laminektomie, wobei der gesamte Knochen an der hinteren Begrenzung der WS entfernt wird, was meist Vernarbungen und Lockerungen verursacht ist heute nicht mehr zeitgemäß.
Die Operation ist in geübter Hand ein Routineeingriff, schwere Komplikationen und Lähmungen die absolute Ausnahme. Aber es muss klar gesagt werden – die Operation führt meist zu einer deutlichen Besserung, aber nicht zur Heilung!
Degenerative Erkrankungen
1. Bandscheibenvorfall
der Halswirbelsäule Ausgelöst durch den Druck auf den Nerv bestehen meist Nackenschmerzen und Schmerzen im Arm. Dies kann bei Nervenausfall bis zu einer Lähmung (Schwäche) im Arm/Handbereich führen. Bei gleichzeitigem Druck auf das Rückenmark kann eine Gangunsicherheit bis zum Querschnitt auftreten.
Bei neurologischen Ausfällen sollte sofort operiert werden, bei Schmerzen nach zirka zwölf Wochen erfolgloser Behandlung. Meist erfolgt die OP von vorne, wobei unter dem Mikroskop der Vorfall entfernt und die WS stabilisiert wird. (Abb 2)
2. Wirbelkanaleinengung der Halswirbelsäule
Die Beschwerden sind wie beim Bandscheibenvorfall, die Probleme sind allerdings verstärkt durch den Druck auf das Rückenmark und der zusätzlichen Durchblutungsstörung, sowie Fixation des Rückenmarks. Hier kann es durch die Organschädigung langsam zur Lähmung kommen, oder bei einem Bagatelltrauma zum Querschnitt. Bei Lähmungen ist wieder die sofortige Operation angezeigt, bei Schmerzen erst nach zwölf Wochen erfolgloser Behandlung.
3. Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule
Es liegen meist Schmerzen im Bein vor. Eine Querschnittslähmung gibt es nicht, da das Rückenmark meist in Höhe zwölfter Brustwirbel / erster Lendenwirbel endet und in der Lendenwirbelsäule nur mehr einzelne Nerven verlaufen.
Bei Schmerzen erfolgt eine umgehende Abklärung mittels klinischer Untersuchung, Röntgen, MR oder CT. Bei einer Lähmung empfiehlt sich die SOFORTIGE Operation, ansonsten ist Schmerztherapie mit Analgetika, Infiltrationen unter Röntgen oder CT und Physiotherapie angezeigt. Spricht das Behandlungsregime 12 bis 16 Wochen nicht an, ist dies eine klare Indikation für eine Operation.
4. Wirbelkanaleinengung
der Lendenwirbelsäule Durch die Druckwirkung auf die Nerven im Wirbelkanal entsteht meist die „Schaufensterkrankheit“. Betroffene haben nach einer unterschiedlich langen Gehstrecke Schmerzen, Ameisenlaufen, Gefühlstörungen bis zu Lähmungen im Bein/Fuß Bereich. Man muss dann stehen bleiben, sich vorbeugen oder hinsetzen. Der Schmerz klingt üblicherweise bald ab und man kann dann wieder eine limitierte Strecke gehen. Die Schmerzen können durch Wirbelgleiten oder eine Skoliose (Seitverkrümmung der WS) massiv verstärkt werden.
Bei einer Lähmung im Beinbereich oder einer Blasen-Darmlähmung empfiehlt sich die SOFORTIGE Operation. Bei reiner Schmerzproblematik sind wieder zwölf Wochen Therapie mit Schmerzmittel, Infiltrationen unter Röntgen oder CT, Physiotherapie angezeigt und erst bei Nichtbesserung erfolgt eine Operation.
Liegen nur Beinschmerzen vor, erfolgt die Entlastung. Bei einer Instabilität kann nur mit der kombinierten Operation (Entlastung der Nerven und Stabilisierung) ein gutes Resultat erreicht werden.
5. Kreuz-Darmbeingelenk (ISG)
25% der Kreuzschmerzen werden durch eine Arthrose vom Kreuz-Darmbeingelenk verursacht, dabei kommt es zur Gelenksveränderung und zur Knochenneubildung. Wenn durch die Schmerztherapie sowie Infiltration unter Röntgen oder CT und Physiotherapie nach 12 bis 16 Wochen keine Besserung auftritt sollte die Operation von hinten mittels Diana-Arthodese erfolgen, wo durch die Ruhigstellung mittels der Schraube die Schmerzen deutlich besser werden.
Liegt ein Kombinationsproblem ISG und Wirbelkanaleinengung vor, dann sollte eine kombinierte OP von Lendenwirbelsäule und ISG erfolgen.