Die Füße in die Hand nehmen
Behandeln, nicht flüchten, meint damit die Therapeutin
Text: Stefanie Riedler
Jetzt zog er die Siebenmeilenstiefeln an, die er hatte, das waren Stiefeln, wenn man damit sieben Schritte that, so war man eine Meile gegangen, das war nichts Kleines.“ Wer wünscht sich nicht am Ende einer langen Wanderung Siebenmeilenstiefel, wie sie in der Geschichte von Charles Perrault (1697) der kleine Däumling hat?
Der Fuß hat die wichtige Eigenschaft, als Stoßdämpfer zu fungieren. Der Peroneusmuskel und der Tibialis posterior beispielsweise formen an der Fußsohle eine Art Steigbügel. Dieser federt den Druck beim Aufsteigen ab und stellt Energie zum erneuten Wegdrücken bereit. Unser Fuß besteht aus Längs- und Quergewölben. Im Stand, ermöglichen uns drei Punkte, die Ferse, das Kleinzehengrundgelenk und das Großzehengrundgelenk, eine optimale Kraftverteilung.
Der Fuß besteht aus 26 Knochen. Das obere Sprunggelenk ist ein Scharniergelenk und kann daher beugen und strecken. Die oberen Gelenkspartner, das Schien- und Wadenbein, formen eine Gabel, welche auf dem unteren Partner, dem Sprungbein sitzt. Das untere Sprunggelenk besteht aus dem Sprung- und dem Fersenbein sowie aus dem Kahnbein. Seine Bewegungsrichtungen sind die Inversion (Supination), das Heben der Fußinnenseite und die Eversion (Pronation), das Heben der Fußaußenkante. Genauer betrachtet sind Eversion und Inversion Kombinationsbewegungen des unteren Sprunggelenks mit dem Vorfuß. Das Kahnbein gehört zu den Fußwurzelknochen und ist wie ein Schlussstein im Quergewölbe unseres Fußes, vergleichbar mit einem gemauerten Rundbogen einer Tür. Wenn dieser Schlussstein einsinkt, verliert der Fuß seine Eigenschaft, der Reaktionskraft des Bodens adäquat entgegenzuwirken und kann nicht mehr optimal federn.
Durch die knöcherne Konstruktion des Vorfußes besteht eine Neigung zum Plattfuß. Unter anderem deshalb entwickeln sich Schmerzen in unterschiedlicher Ausprägung und Lokalität. Schmerzen können das Symptom von Entzündung oder Degeneration sein. Meist ausgelöst durch eine Veränderung der Statik. Dabei muss diese Änderung nicht primär am Fuß passiert sein. Auch Kreuz-, Hüft- oder Knieschmerzen stellen eine mögliche Ursache dar. Durch den Versuch, den Schmerz lokal zu reduzieren, weicht man bewusst oder auch unbewusst in eine Entlastungsstellung aus, welche sich wie in einer Kettenreaktion nach unten weiterleitet. Ebenso kann eine solche Fehlbelastung auch durch eine muskuläre Schwäche in der Becken- Hüft- und Beinmuskulatur ausgelöst werden.
Als Folge lesen wir häufig die Diagnose Faszitis plataris. Dabei handelt es sich um Entzündungen oder Einrisse der stärksten Sehne des Längsgewölbes an der Innenseite der Fußsohle durch Fehl- und/oder Überbelastung, welche in weiterer Folge die Entstehung eines Fersensporns begünstigen kann. Manchen Läufern ist auch die Diagnose Shinsplint ein Begriff. Kleine Risse in der Muskulatur des Vorfußhebers (Tibialis anterior) rufen vorne an der Schienbeinkante Schmerzen hervor, Risse der Beuger und Supinatoren des Sprunggelenkes (Tibialis posterior und Flexor digitorum longus) an der Innenseite des Schienbeins. Diese lassen sich manchmal nur mehr durch strikte Pause reduzieren, denn bei chronischer Überreizung kommt es zu Irritationen an der Knochenhaut. Schlechte Muskulatur, unpassendes Schuhwerk und das Laufen auf hartem Boden verschlechtern die Symptome.
Da die meisten Beschwerden Folge einer muskulären Schwäche sind, können einfache Fußmuskelübungen, in den Alltag integriert, dieses Problem lösen. Unsere Fußmuskulatur und die Siebenmeilenstiefel haben immerhin eine Gemeinsamkeit: „An jeden Fuß zu passen, wie angemessen und angegossen“.