Nicht auf die leichte Schulter nehmen
Warum bei Schulterverletzungen Vorsicht geboten ist
Text: Katja Hesch
Dezember, Wintereinbruch: Es ist kalt, nass und vor allem eisig. Während man spazieren geht und nebenbei telefoniert, ist es schon passiert: ein Sturz auf die Schulter. Nicht nur im Ballsport oder bei Überkopfsportarten kann es zu Verletzungen an der Schulter kommen.
Zu den häufigsten Schulterverletzungen zählen die Oberarmkopffraktur, die Bizepssehnenruptur, die Rotatorenmanschettenruptur, die SLAP-Läsion (Verletzung des Labrums) und die Schultergelenksluxation. Dabei springt der Oberarmknochen aus der Pfanne. Sie wird meist im Spital unter Narkose wieder reponiert. Bei einer Rotatorenmanschettenruptur kommt es zu einem Riss im Muskel oder Sehnenbereich.
Operation ausgeschlossen
Wenn nach ärztlicher Abklärung die Entscheidung auf konservative Therapie gefallen ist, tritt der Physiotherapeut auf den Plan. Er führt zunächst eine Anamnese, mit anschließender Untersuchung der Schulter und der umliegenden Gelenke durch. In der Anamnese wird hinterfragt, wann und wo die Schmerzen auftreten und bei welchen Aktivitäten es zu den typischen Symptomen kommt. Wichtig ist auch, seit wann die Symptome auftreten, um herauszufinden, ob es sich um ein akutes oder um ein chronisches Problem handelt. Der Therapeut kontrolliert zu Beginn, ob Schon- oder Fehlhaltungen vorliegen, oder es muskuläre Atrophien (Verringerung der Muskelmasse) gibt. Danach werden Haut und Muskulatur auf Schmerz, Tonus, Verklebungen und Entzündungszeichen untersucht. Anschließend folgen Beweglichkeits- und Provokationstests, bei denen u.a. die symptomverursachende Bewegung analysiert wird. Daraufhin wird ein Behandlungsplan, unter Einbeziehung des individuellen Ziels des Patienten erstellt. Ein älterer Patient ist möglicherweise mit einer schmerzfreien Schulter zufrieden, wohingegen Jüngere wieder Sport betreiben möchten. Zu Beginn stehen passive Maßnahmen im Vordergrund, welche baldmöglichst mit aktiver Therapie ergänzt werden.
Sekundäre Arthritis
ist ein häufiges Krankheitsbild in der täglichen Praxis. Sie ist oft Folge einer Rotatorenmanschettenverletzung, einer Luxation, eines Labrumausriss oder einer Oberarmkopffraktur, sie kann aber auch aufgrund einer überbeanspruchten Arthrose entstehen. Die Schulter ist in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt und schmerzhaft. Je älter der/die Patientin, desto geringer muss das Trauma sein, um eine Arthritis auszulösen. In der Therapie stehen muskeldetonisierende Techniken und die Erhaltung der Beweglichkeit und der Muskelkraft im Vordergrund. Mit manualtherapeutischen Techniken wird an der Entlastung sowie Mobilisierung der Gelenke gearbeitet.
Impingement
Auch ein Impingment tritt häufig infolge einer Schulterverletzung auf, besonders nach dem Riss oder der Entzündung einer Sehne der Rotatorenmanschette und nach einer Verletzung des Labrums (wirkt wie eine Saugglocke und dient als Stoßdämpfer). Typisch ist ein schmerzhafter Bogen zwischen 60-120°. Der Raum zwischen Schulterdach und Oberarmkopf ist zu gering für die darunterliegenden Strukturen. Bei Sehnenpathologien wird mit Weichteiltechniken und Querfriktionen gearbeitet. Durch das Verschieben der Fasern gegeneinander will man Verklebungen mobilisieren und den Stoffwechsel anregen, wodurch eine Schmerzlinderung erzielt werden soll. Bei Problemen im Sehnenansatzbereich wird der Laser angewandt, um gezielt eine verbesserte Durchblutung der betroffenen Struktur zu erreichen. Im Training liegt der Fokus dann auf der Kräftigung der gesamten Rotatorenmanschette, um wieder genug Raum zwischen Schulterdach und Schulterkopf zu schaffen.
Schulterluxation
Die Schulterluxation ist eine der häufigsten Schulterverletzungen. Berufs- oder sportbedingt kann eine andauernde Instabilität oder Hypermobilität ausgelöst werden. Wurfsportarten sind immer wieder davon betroffen. Oft kann die Schulter unter Narkose aber wieder reponiert werden. Wenn es jedoch Begleitverletzungen gibt oder wenn es sich um eine Rezidivluxation handelt, bleibt v.a. bei Jüngeren eine Operation häufig nicht aus. Ziel der Therapie ist auf jeden Fall die Vermeidung von weiteren Luxationsrezidiven. Die Wiederherstellung der Schulterstabilität steht an vorderster Stelle. Wenn schlussendlich der Weg an einer Operation nicht vorbeiführt, ist die postoperative Physiotherapie von großer Bedeutung. Nach einer Schulter OP wird, in Absprache mit dem Operateur, ein Plan für die folgenden Wochen erstellt. Der Arzt gibt vor, bis wann eine gewisse Beweglichkeit erreicht werden sollte und ab wann welche Belastung erlaubt ist. Dabei wird zu Beginn eine Lymphdrainage durchgeführt, um die Schwellung zu lindern. Die Mobilisierung der eingeschränkten Gelenke und der Narben sind wichtige Bausteine der Therapie. Abschwellender Strom lindert die Schwellung und hilft, einen reizfreien Zustand der Schulter herzustellen. Der Laser fördert die Narbenheilung. Ultraschalltherapie unterstützt die Heilung einer Fraktur oder einer Muskelsehnenverletzung. Tapes können unterstützend angewendet werden, um die Nackenmuskulatur zu detonisieren oder um für Stabilität zu sorgen.