Dass richtige Maß
Sport und Training bei Krebserkrankungen
Wenn wir jedem Individuum das richtige Maß an Nahrung und Bewegung zukommen lassen könnten, hätten wir den sichersten Weg zur Gesundheit gefunden.“ Der griechische Arzt Hippokrates setzte sich schon vor 2.500 Jahren mit Bewegung auseinander.
Krebserkrankungen und die damit verbundenen medizinischen Maßnahmen verleiten viele Betroffene dazu, ihre körperlichen Aktivitäten aufzugeben. Auch wird Betroffenen häufig empfohlen, körperliche Belastungen und Anstrengungen zu vermeiden. Daraus entsteht ein Bewegungsmangel, der die körperliche Fitness noch verschlechtert. Diesem Circulus vitiosus gilt es zu entrinnen.
Sport ist eine äußerst effektive und unterstützende Maßnahme im Falle einer Krebserkrankung, Symptome und Nebenwirkungen zu reduzieren. Er bietet die Chance, selbst aktiv am Genesungsprozess mitzuarbeiten.
Die positiven Effekte der körperlichen Aktivität sind:
- Zunahme des Muskelanteiles am Körpergewicht und dadurch Vergrößerung des Energiespeichers
- Erhöhung der Muskelkraft
- Reduktion der Fettmasse
- Vergrößerung der Vitalkapazität
- Vermehrte Kapillarisierung der Muskulatur
- Erhöhung der Mitochondrienzahl in der Muskulatur
- Erhöhte Konzentration von Enzymen des aeroben Stoffwechsels in der Muskulatur
- Summa summarum Verbesserung der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit
- Verbesserte Angst- und Stressbewältigung, was wiederum einen positiven Einfluss auf das Immunsystem hat
- Stärkung des Selbstbewusstseins
- Lebensstiländerung
- Summa summarum Verbesserung der Lebensqualität
Dehnen lockert die Muskulatur … / Koordinationstraining dient der Verbesserung von Bewegungsabläufen …
Die Dosis macht das Gift
Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Menge an Sport und der Anti-Krebs-Wirkung. Allgemein, so auch hier gilt, mehr ist besser als weniger. Allerdings haben intensive längerdauernde Belastungen, die den Körper an die Leistungsgrenze bringen, wie beim Gesunden auch, einen negativen Einfluss auf das Immunsystem. Dies sollte im Falle einer Krebserkrankung unbedingt vermieden werden, da auch eine Azidose (metabolische Übersäuerung; Laktat über 4mmol, Absinken des pH-Wertes im Blut) negative Auswirkungen hat.
Beim Sport ist Mischkost zu favorisieren:
- Ausdauertraining für das Herz-/Kreislaufsystem,
- Krafttraining für die Muskulatur,
- Koordinations- und
- Beweglichkeitstraining
Auf eine Anstrengung (Ausdauer oder Kraft) folgt eine Einheit mit niedriger körperlicher Anforderung (Koordination, Beweglichkeit). Dadurch gelingt es, die Energiespeicher wieder aufzufüllen und einen negativen Einfluss auf das Immunsystem zu vermeiden.
Ausdauer bedeutet, eine Belastung möglichst lange durchhalten zu können. Als Einstieg kann das Training in Intervallform (mehrminütige Belastung und Pause wechseln sich ab) absolviert werden. Zuerst soll die Dauer und erst in weiterer Folge die Intensität (z. B. Gehgeschwindigkeit) gesteigert werden. Der Laktatwert im Blut sollte 4mmol/l nicht überschreiten. Diese Grenze kann mit einem Ausdauertest inkl. Laktatmessung festgestellt werden und erleichtert den Betroffenen die Wahl der Intensität. Zur Orientierung: Können sie während der Aktivität eine Unterhaltung führen, befinden sie sich im aeroben Bereich. Als Sportarten eignen sich sämtliche Ausdauersportarten (Walken, Radfahren, Wandern, …).
Als Einstieg ist das Fahrradergometer zu empfehlen. Die Anstrengung kann exakt gesteuert und vor allem niedriger gehalten werden, wenn das Körpergewicht nicht selbst getragen werden muss. Gehen, Wandern, Laufen bedeutet immer eine größere Anstrengung als Radfahren.
Krafttraining dient einerseits dazu, den Muskelverlust einzuschränken und andererseits, die verlorene Muskelmasse wieder aufzubauen. Um dies zu erreichen, bedarf es kurzer intensiver Belastungen. Die mögliche Wiederholungszahl sollte 15-20 betragen, dreimal pro Übung absolviert werden und das bei 4 – 10 Stationen. Dazwischen gilt es, eine Pause von 2 – 3 Min. einzuhalten. Eine Abwechslung der Muskelgruppen (Beine, Oberkörper, Rumpf) ist zu empfehlen. Durch das Training an Geräten kann die Belastung verringert werden, sodass die nötigen Wiederholungszahlen erreicht werden (z.B.: Latzug statt Klimmzug, Bankdrücken statt Liegestütz).
Koordinationstraining dient der Verbesserung von Bewegungsabläufen, wodurch Energie gespart, das Gleichgewicht verbessert und Handlungsabläufe einfacher werden. Diese Art von Training kann schon in der Frührehabilitationsphase absolviert werden.
Das Beweglichkeitstraining (Dehnen) lockert die Muskulatur, beugt Fehlhaltungen und Verkürzungen vor und verbessert die Durchblutung.
Durch die Wirkungen des Sports können körperliche Herausforderung des Alltags allgemein, sowie die Zusatzbelastungen durch Krankheit und Therapie (z.B. Chemotherapie) mit viel geringerer Belastung gemeistert werden.