Leben ala Carte 2403 – MEDIZIN

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Einsatz von Testbatterien nach Hüfttotalendoprothese

Stefanie Niedermeier
Text: Stefanie Niedermeier

Arthrose im Hüftgelenk und daraus resultierend die Hüfttotalendoprothese: Wie bewältigt man anschließend seinen Alltag? Kann man seinen Hobbies und sportlichen Aktivitäten weiter nachgehen? Muss man sein Leben komplett neu ausrichten? Fragen über Fragen, auf die in diesem Beitrag eingegangen werden soll. Eines vorweg, die Relevanz von funktionalen Testbatterien nach Hüftendoprothesen-OP ist hoch.

Die Hüftprothesenträger werden immer jünger. Ob jung oder alt, Athlet, Hobbysportler oder Schreibtischtäter, treffen kann es jeden von uns. Eine Hüftprothese stellt heute keine Behinderung oder Einschränkung im Alltags- oder Sportleben dar. Mit dem richtigen Fachwissen, der qualitativen Abklärung und Abstimmung im Trainingsalltag können gezielt Rückschlüsse gezogen werden, welcher sportlichen Tätigkeit nachgegangen werden kann. Ein gutes Beispiel zeigt sich aus dem Leben einer Profiskirennfahrerin, die durch jahrelange Trainings- und Rennbelastung eine Abnutzung ihres Hüftgelenkes erlitt und schlussendlich eine Prothese benötigte. Durch ein gezielt abgestimmtes Aufbautraining in Anlehnung an vorangegangene Testungen konnte ihre Lebensqualität erhalten bleiben und sie konnte ihren sportlichen Leidenschaften weiterhin nachgehen.

 

Ganganalyse mit Bewegungssensoren zur Aufzeichnung der Bewegungsqualität / Foto: Sporttherapie Huber Und Mair
Ganganalyse mit Bewegungssensoren zur Aufzeichnung der Bewegungsqualität / Foto: Sporttherapie Huber Und Mair

 

Abklärung

Die erste Abklärung basiert auf der Patientenbefragung anhand ausgewählter Fragebögen. Dies ist wenig zeitintensiv und beschäftigt sich mit Kernfragen aus dem Gesundheitsspektrum. Zum einen ist der Bereich der allgemeinen körperliche Funktion, die Absolvierung von Aktivitäten des täglichen Lebens wie Treppensteigen, Stehen, Gehen und Kniebeugen, um sich hinsetzen und aufstehen zu können, abgedeckt. Zum anderen sind das Schmerzempfinden, die Rolle der physischen und psychischen Gesundheit und des sozialen Umfeldes mit von der Partie. Die Antworten werden mittels eines Punkte- Skalierungssystems bewertet. Diese Befragung ist sehr wertvoll hinsichtlich der Selbsteinschätzung und Reflexion im Umgang mit der Prothese.

 

Der Sit-to-Stand Test für die Muskelkraft bei Alltagsbewegungen / Foto: Sporttherapie Huber Und Mair
Der Sit-to-Stand Test für die Muskelkraft bei Alltagsbewegungen / Foto: Sporttherapie Huber Und Mair

 

Vor allem die Wahrnehmung der Propriozeption der Gelenke ist einer der entscheidenden Faktoren. Daher ist die objektive Beurteilung der körperlichen Funktion mittels Leistungsfunktionstestungen unabdingbar. Diese werden idealerweise in dafür speziell ausgestatteten Testlaboren wie dem Bewegungstestlabor „Motum“ absolviert. Dazu braucht es ein geschultes Team mit einem weiten Erfahrungshorizont und ausgebildetem Kompetenzspektrum. Dabei werden Bewegungsmuster, welche im Alltag sowie in der Ausübung von sportlichen Tätigkeiten vorkommen, anhand eines komprimierten Testverfahrens bewertet.

Auf Basis einer Ganganalyse wird die Bewegungsqualität der unteren Extremität wie Sprung-/Knie- und Hüftgelenke sowie der oberen Extremität und dem Rumpf mittels Bewegungssensoren analysiert. Dies ist entscheidend, um gezielt Bewegungsfehler zu erkennen und auszugleichen. Zudem wird der Patient hinsichtlich seiner Gelenkswahrnehmung getestet. Dabei muss dieser mit offenen sowie geschlossenen Augen seine Gelenksposition festlegen bzw. bestimmen. Je besser der Patient sich selbst spüren und wahrnehmen kann, umso besser kann die Funktionstüchtigkeit der Prothese erhalten werden und Stürzen/Verletzungen entgegengewirkt erden.

 

Erhebung der Beinkraft mittels Isokinetik (Foto: Sporttherapie Huber und Mair)
Erhebung der Beinkraft mittels Isokinetik (Foto: Sporttherapie Huber und Mair)

 

Die isokinetische Beinkrafttestung stellt eine der aussagekräftigen Testungen dar. Hier erhält man wichtige Kraftwerte, welche für Knie- und Hüftstreckung, sowie Beugung maßgeblich entscheidend ist. Je stärker Muskulatur, Sehnen und Bänder, desto stabiler geht man mit Prothese erfolgreich durch ein langes Leben. Nicht zu vergessen sind auch die motorischen Fähigkeiten wie die Geschicklichkeit, das dynamische und statische Gleichgewicht und die Muskelkraft, sowie Ausdauer bei Alltagsbewegungen, wie Stehen, Sitzen, Gehen über kurze bis längere Distanzen, inklusive Richtungswechsel. Mittels Sensoren wird die Qualität der Bewegung bestimmt. Anhand alters- sowie geschlechterspezifischer Normwerte wird das Risiko für ein erhöhtes Sturzauftreten ermittelt. Über den Zeitfaktor und die Auslenkung des Körperschwerpunktes auf der Kraftmessplatte kann das statische Gleichgewicht erhoben werden. Die aerobe Ausdauer und Kapazität, sowie das dynamische Gleichgewicht kann durch die Muskelaktivierung in einem Gangbild über eine längere Distanz inklusiver Richtungswechsel bestimmt werden. Je geringer die zurückgelegte Distanz über die vorgegebene Zeit, desto höher fallen die Risikobereiche für Alter und Geschlecht aus. Zudem sind die aerobe Ausdauer und Bewegungsgeschwindigkeit sehr entscheidend, da sie als Voraussetzung zur Durchführung gewisser Sportarten mit Richtungswechsel, wie z. B. Rückschlagspielen, gelten. Durch schnelles Gehen oder Laufen über eine kurze vorgegebene Distanz inklusiver Richtungswechsel werden essenzielle Daten erhoben. Dies gibt wiederrum Rückschlüsse, ob in eine Sportart zurückgekehrt werden darf, oder gesundheitsbedingt gewisse Sportarten ausgeschlossen werden sollten.

Zu all diesen Testmodulen liegen bereits Normwerte vor, die sehr aussagekräftige Informationen darüber liefern können, welche Stärken und welche Schwächen genauer behandelt, trainiert und therapiert werden sollten. Wenn Defizite in Kraft, Gleichgewicht oder Ausdauer vorliegen, gilt es das Training danach auszurichten. Mit solch einer gezielten Abstimmung kann die Prothesenfunktion und damit verbunden die Lebensqualität positiv beeinflusst werden und gewissen Sportarten und Alltagsbeschäftigungen wieder nachgegangen werden. Oftmals ist man sich nicht bewusst, welch gravierende positive Veränderungen der Lebensqualität einen erwarten, wenn man mit dem richtigen Wissen und der richtigen Abklärung das Entscheidende richtig angeht.

Bei Fragen oder Interesse bitte an das Bewegungs-Test-Labor Motum wenden. Ganz einfach diesen Link einscannen und direkt bei ihrem Ansprechpartner landen.