Innenansicht

Therapie nach Verletzung des Knie-Innenbands

Michael Scheinecker
Text: Michael Scheinecker

Die Verletzung des Innenbandes ist die häufigste Bandverletzung des Knies. Zwei von drei Personen mit gerissenem vorderem Kreuzband ziehen sich auch eine Begleitverletzung des Innenbandkomplexes zu.

Meist passiert die Verletzung bei sportlichen Aktivitäten wie zum Beispiel dem Alpinen Ski Sport oder bei Sportarten in denen schnelle, seitliche Richtungswechsel notwendig sind. Dabei kann es zu einem Einkippen des Knies nach innen und einer zeitgleichen Außenrotation im Knie kommen. Auf Grund hoher Kräfte, die dabei auf den Innenbandkomplex einwirken, kann es zu einem Riss kommen. Je nach Verletzungslokalisation und Zusatzverletzungen wird gemeinsam mit dem behandelnden Arzt ein konservativer oder operativer Behandlungsplan erstellt.

Adduktoren
Koordination

Therapie Konservativ

Falls eine konservative Therapie möglich ist, wird das Knie mit einer Schiene versorgt, um das Einknicken nach innen zu verhindern. Weiters ist in den meisten Fällen auch eine Bewegungslimitation vorgesehen, um das Heilen des Bandes in physiologischer Länge zu ermöglichen. Die Schiene sollte für 4 bis 6 Wochen getragen werden. Direkt nach der Verletzung kommt die PECH-Regel zur Anwendung:

(P) Pause
(E) Eis (wenn angenehm)
(C) Kompression
(H) Hochlagern.

Weitere physiotherapeutische Behandlungen werden dann nach Bedarf und Schweregrad der Verletzung durchgeführt. Die Maßnahmen zielen darauf ab, die Wundheilungsphasen so gut wie möglich ablaufen zu lassen. In der akuten Phase, in der Schmerz und Schwellung noch im Vordergrund stehen, werden unter anderem Lymphdrainagen, schmerzadaptierte Kniemobilisationen, Weichteiltechniken und Funktionsmassagen angewendet. Zusätzlich können Stromformen oder Laserlichtbehandlungen, die die lokale Durchblutung fördern, die Behandlung ergänzen. Durch diese Maßnahmen kann man die posttraumatischen Entzündungsreaktion positiv beeinflussen und der Heilungsprozess kann vonstattengehen.

Nach Abklingen der akuten Entzündungsreaktion kann bereits mit den ersten Trainingsübungen begonnen werden, um einem Muskelabbau entgegenzuwirken.

Das Training zielt vor allem darauf ab, die Beinmuskulatur zu erhalten, um nach Ausheilen des Bandes so schnell wie möglich in den Sport zurückzukehren. Je nach Schweregrad der Verletzung dauert eine Rückkehr circa 6 bis 12 Wochen.

Zu Beginn werden die Übungen noch mit Schiene ausgeführt, um ein nach innen Kippen zu vermeiden, allerdings sollte von Anfang an ein vermehrtes Augenmerk auf eine korrekte Beinachse gelegt werden. Zusätzlich sollte das Knie in neutraler Rotationsstellung gehalten werden, um den Innenbandkomplex nicht auf Dehnung zu bringen. Anfangs führt man statische Übungen wie zum Beispiel Beinpresse, Kniebeugen, Lunges oder rumänisches Kreuzheben durch. Zusätzlich soll man bei Schmerzfreiheit auch Übungen der offenen Kette wie Strecker und Beuger Curls bzw. Hüft Abduktoren und Adduktoren in Betracht ziehen. Bei den Hüftadduktoren sollte der Druckpunkt des Gewichts oberhalb des Knies sein, um ein Aufklaffen zu vermeiden. Weiters dürfen auch Koordinations- und Gleichgewichtsübungen im Rehaprogramm nicht zu kurz kommen. Bei gutem klinischem Verlauf (keine vermehrte Schwellung oder Schmerzen) werden die Übungen systematisch ausgebaut. Am Ende der Rehazeit sollten Übungen wie seitliche Ausfallschritte, seitliche Sprünge und Landungen bzw. schnelle Richtungswechsel kein Problem mehr darstellen. Vergewissern kann man sich mit einer Back to Sports Testung.

Lunges
einbeinige Kniebeugen

Therapie operativ

Nach einer Operation kommt es wie bei der konservativen Behandlung zu einer Schienenversorgung für 6 Wochen. Zusätzlich sollte eine Teilbelastung von 20 KG über 4 Wochen eingehalten werden. Die Beugung wird je nach Operation und Technik in den ersten 6 Wochen unterschiedlich stark eingeschränkt.

Zu Beginn ähnelt die physiotherapeutische Behandlung der konservativen Versorgung. Im Vordergrund steht die Schwellungsreduktion, Schmerzlinderung, Beweglichkeitssteigerung (im erlaubten Bereich), Narbenbehandlung und das Erlernen des Gangbildes mit Krücken. Mit isometrischen (Anspannung ohne Bewegung) Übungen kann man den Muskelabbau etwas entgegenwirken. Das Training kann, sofern die Entzündungszeichen rückläufig sind, nach zwei Wochen gestartet werden. Hierbei müssen die Gewichtsentlastungsvorgaben des Operateurs und die Beinachse unbedingt berücksichtig werden. Das heißt: Kniebeugen unter Belastungskontrolle auf einer Waage, Beinpresse einbeinig bis 20 KG und Übungen bei denen das operierte Bein als Spielbein dient, wie etwa Hüftabduktoren und Hüftadduktoren. Zuhause kann man die Anspannung der Oberschenkelvorderseite beüben: Das Bein gestreckt im Langsitz, in Seitenlage und in Rückenlage vom Boden abheben.

Nach Beendigung der Entlastungsphase (zwischen 4 bis 6 Wochen) und keiner Schwellungs – oder Schmerzzunahme können die Gewichtsbelastungen weiter gesteigert werden. Unter Kontrolle der klinischen Verlaufsparameter können dann auch die Übungen erschwert und erweitert werden.

Die Ziele stimmen mit denen der konservativen Therapie überein. Am Ende der Reha sollten Patienten Landungen achsengerecht, Absprünge schmerzfrei und schnelle Richtungswechsel ohne Probleme durchführen können. Vor allem auf Grund der Operation und Entlastung ist ebenfalls ein Back to Sports Test zu empfehlen.