Die Verletzung ist weiblich
Frauen verletzen sich anders
Die Zahl der Fußballspielerinnen hat sich in den letzten zehn Jahren fast verdreifacht. Weltweit verzeichnet der organisierte Fußball mehr als 13 Millionen Frauen. Die sportliche Betätigung bringt offensichtliche gesundheitliche Vorteile mit sich, ist aber auch mit erhöhtem Verletzungsrisiko verbunden. Häufigkeit, Ort, Art und Schweregrad von Verletzungen unterscheiden sich von denen männlicher Fußballspieler. Die Inzidenzraten bei Frauen sind nur etwa halb so hoch, was vor allem auf die geringere Häufigkeit von Spielen zurückzuführen ist.
Verletzungsspektrum
Verletzungen der unteren Extremitäten treten sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Fußballspielern am häufigsten auf. Verletzungen der Knöchel sind bei weiblichen Spielern am häufigsten, gefolgt von Knie und Oberschenkel. Interessanterweise wurde bei Spielerinnen eine höhere Rate an Gehirnerschütterungen festgestellt, die meist auf einen Kontakt mit dem Kopf oder dem Ellenbogen des Gegners zurückzuführen sind.
Bei den Männern ist der Oberschenkel am häufigsten verletzt, gefolgt von Knie und Knöchel. Die höhere Anzahl von Oberschenkelverletzungen bei Männern ist gut dokumentiert, kann aber nicht vollständig erklärt werden. Fast alle Verletzungen betreffen die drei großen Oberschenkelmuskeln, d. h. Hamstrings, Quadrizeps und Adduktoren. Bei Frauen ist dies weniger häufig der Fall, was möglicherweise auf das breitere weibliche Becken zurückzuführen ist, das zu anderen Belastungsmustern der Muskulatur im Bereich von Hüfte und Oberschenkel führt. Andere mögliche Gründe sind die unterschiedliche Muskelstärke, Kraftentwicklung und Spielintensität bei Männern.
Der Knöchel
Die häufigste Verletzung bei Fußballerinnen ist eine Verstauchung des Knöchels, meist durch Umknicken verursacht, was zu einem Riss oder Teilriss der seitlichen Bänder am Außenknöchel führt. Die Mehrzahl aller akuten Verstauchungen des Sprunggelenks wird durch konservative Behandlung vollständig geheilt. Mit dem RICE-Protokoll (Ruhe, Eis, Kompression und Hochlagerung) in Verbindung mit nichtsteroidalen entzündungshemmenden Medikamenten und einer frühen Bewegungstherapie kann angemessen behandelt werden. Eine Operation ist nur erforderlich, wenn Sportlerinnen eine mechanische oder chronische Instabilität des Sprunggelenks entwickeln.
Das Knie
Das Knie ist ein komplexes System aus Sehnen, Bändern und Menisken, die das Gelenk bei jeder Bewegung stabilisieren und stützen. Leider sind diese Strukturen anfällig für Verletzungen. Eines der vier wichtigsten Bänder im Knie ist das vordere Kreuzband. Es verbindet den Oberschenkelknochen mit dem Schienbein. Es trägt dazu bei, die Drehstabilität des Knies aufrechtzuerhalten und verhindert, dass das Schienbein vor den Oberschenkelknochen rutscht. Besonders verletzungsanfällig ist es bei plötzlichen Stopps, Richtungswechseln, Sprüngen und Landungen, Drehungen mit festem Stand oder direkten Schlägen auf das Knie. In den letzten Jahren hat die zunehmende Trainings- und Spieldauer von Profifußballerinnen dazu geführt, dass sie diesen Risikosituationen verstärkt ausgesetzt sind.
Risse des vorderen Kreuzbandes und der Menisken sind bei Fußballerinnen etwa dreimal so häufig, wie bei männlichen Spielern. Die Gründe dafür sind untersucht worden. Wahrscheinlich ist, dass eine Vielzahl von Faktoren, darunter ein kleineres vorderes Kreuzband und eine schmälere interkondyläre Femurkerbe, eine stärkere hintere Neigung des Tibiaplateaus, eine angeborene größere Laxheit des Kniegelenks, das relative Ungleichgewicht zwischen Quadrizeps- und Hamstringkraft, sowie die Schwankungen der Östrogensekretion und die Tendenz, nach einem Sprung mit nach innen gebeugtem Knie zu landen, dazu beitragen, die Anfälligkeit bei Frauen zu erhöhen. Ein großer Teil der Verletzungen des vorderen Kreuzbands bei Fußballerinnen entsteht ohne Kontakt. Nach der Verletzung erinnern sich die Patienten in der Regel an ein „Knacken“, eine sofortige Schwellung und daran, dass sie die Aktivität nicht fortsetzen konnten. Klinische Tests, wie der Lachman-Test und der vordere Schubladentest, können den Verdacht auf eine Ruptur des vorderen Kreuzbands bei der körperlichen Untersuchung bestätigen. Röntgenaufnahmen sind wenig relevant, aber zur Bestimmung der knöchernen Risikofaktoren wichtig. Eine MRT-Untersuchung kann die Diagnose bestätigen und Zusatzverletzungen wie Meniskus-, Knorpel- oder andere Bänderschäden zeigen.
Fast immer ist eine Operation zur Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes erforderlich und eine längere Rehabilitationsphase, um weitere Meniskusverletzungen und Arthrose zu vermeiden und die Rückkehr zur sportlichen Aktivität zu ermöglichen. Selbst dann können nicht alle wieder auf hohem Niveau Sport treiben, und nur 45 % bis 70 % der Sportlerinnen kehren nach einer Kreuzbandrekonstruktion zum Fußball zurück. Das Risiko einer erneuten Verletzung ist insbesondere bei jüngeren Frauen hoch. Bis zu einem Drittel der Fußballerinnen verletzen sich innerhalb der ersten 3,5 Jahre nach der Operation erneut.
Prävention
Präventionsprogramme wirken dann, wenn sie Kraft, Beweglichkeit, Gleichgewicht, Koordination und Ganzkörpermobilität so verbessern, dass die mechanische Zerrung des vorderen Kreuzbandes reduziert wird. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf Aktivitäten gelegt werden, bei denen es zu keinem Kontakt kommt, wie z. B. plötzliche Richtungswechsel, abrupte Stopps oder Abbremsungen, sowie die Landung aus einem Sprung Wichtig ist, dass diese Maßnahmen schon vor einer Verletzung und damit als wirkliche Primärprävention und nicht erst in der Rehabilitation berücksichtigt werden.