Leben ala Carte – 1803

X & O

Wenn die Beine krumm sind

Dr. Florian Dirisamer - Orthopädie und Sportchirurgie, Puchenau bei Linz
Text: Florian Dirisamer und Christian Patsch

Abweichungen von der normalen Beinachse sind nicht nur kosmetische Probleme, sondern vielmehr eine der Hauptursachen für eine frühzeitige Abnützung im Kniegelenk. Durch einseitige Überlastung entsteht Arthrose bei X-Beinen an der Außenseite, bei O-Beinen an der Innen­seite des Kniegelenks.

 

X & O. Wenn die Beine krumm sind

 

„Zumeist entstehen X- oder O-Beine durch genetische, also angeborene Faktoren, seltener als Folge von Verletzungen oder primär degenerativen Vorgängen“, erklärt Dr. Christian Patsch, der gemeinsam mit Dr. Florian Dirisamer eine Praxis für Orthopädie und Sportchirurgie in Puchenau betreibt. Fällt im Kindesalter zumeist nur die optische Abweichung auf, werden viele Patienten schon im jugendlichen Alter symptomatisch. Durch stärkere Belastung wie Übergewicht oder intensive Sportausübung treten an den besagten Stellen erste Schmerzen auf. „In der frühen Phase beziehungsweise bei nur geringer Fehlstellung helfen entlastende Einlagen, Orthesen oder physiotherapeutische Behandlung, sogenanntes Beinachsentraining”, so Dr. Dirisamer.

Eine frühe Vorstellung beim Orthopäden ist jedenfalls empfehlenswert, um rechtzeitig therapeutisch gegensteuern zu können. „Selbst bei ausgeprägten Achsabweichungen kann man im Wachstumsalter mit verhältnismäßig kleinen Operationen die Beine wieder gerade machen. Man blockiert dabei einseitig die sogenannten Wachstumsfugen und nützt das natürliche Wachstum zur Korrektur. Auch unterschiedlich lange Beine können so relativ unproblematisch ausgeglichen werden“, sagt Dr. Patsch. „Nach Wachstumsende sind wesentlich größere Operationen nötig, bei denen dann der Knochen durchtrennt und wieder verplattet werden muss. Aber auch diese Verfahren sind heute Routine und können komplikationsarm durchgeführt werden“ ergänzt Dr. Dirisamer. Solche Umstellungsosteotomien (Geradstellungen) helfen auch bei bereits eingetretenen Schäden, solange die Arthrose auf eine Hälfte des Kniegelenks beschränkt bleibt. „Bei etwa 75% der Patienten kann durch eine Achskorrektur die Notwendigkeit eines Implantates um 10 Jahre nach hinten verschoben werden“, erklärt uns Dr. Patsch. „Durch die erhalten gebliebene Gelenkspropriozeption bietet dies Vorteile vor allem bei sportlich sehr aktiven Patienten. Eine Knieprothese kann später bei entsprechender Notwendigkeit immer noch eingesetzt werden“, ergänzt Dr. Dirisamer.

Trotzdem scheint es sinnvoll eine Umstellungsosteotomie eher frühzeitig zu planen, bevor größere Knorpelschäden im Kniegelenk eingetreten sind, denn dann kann man ein Implantat im Idealfall gänzlich vermeiden.

Ob und welche Behandlung erforderlich ist entscheidet der Orthopäde individuell nach genauer Diagnosestellung und unter Berücksichtigung aller begleitenden Umstände.