Es ist (m)ein Knie, sonst nichts
Dr. Walter Povysil über das Glück, sich das Kreuzband zu reissen
Text: Walter Povysil
Ich war 55, fit wie ein Turnschuh, aktiver Seniorenleichtathlet, Tischtennisspieler auf Meisterschaftsniveau, regelmäßiger Staffelläufer beim Linz-Marathon und unverwundbar.
Am 6. September 2014 feierte mein Bruder seinen 60. Geburtstag. Das Programm: Elferschießen, Siebenmeterschießen, Speerwerfen und zum Schluss Basketball. Beim familiären zwei gegen zwei (Vater–Sohn gegen Vater–Tochter) passiert es. Bei einem Ausfallschritt komme ich schief auf, ein kurzer Schmerz … und aus. In der Hoffnung, alles wäre nicht so schlimm (ich hatte ja keine Schmerzen mehr, nur eine geringe Schwellung, lediglich die Bewegung war eingeschränkt) ging ich zur MRT-Untersuchung. Die bittere Nachricht: Komplettabriss des vorderen Kreuzbands rechts.
Am Tag danach konnte Dr. Patsch meiner Bitte, mir zu bestätigen, dass sich Frau Dr. Scheurecker geirrt hätte, nicht entsprechen. Er hat mir die Lage sehr klar vor Augen geführt. Wenn ich mich auf Wandern, Radfahren und Schwimmen beschränken wollte, keine Operation, mit guter Physiotherapie kein Problem. Sollte ich weiter Tischtennis spielen wollen, daneben Stabhochspringen und Hürdenlaufen, wäre die Operation die vernünftigere Lösung. Ich sollte mir das noch überlegen, da ein Eingriff ohnehin erst in ein paar Wochen in Frage käme.
Nun folgte eine Zeit der Gespräche und des Nachdenkens. Beim Knie, ähnlich wie beim Fußball, ist jeder Experte. Am besten kennen sich die aus, die keine Ahnung haben. Die Physiotherapie in der Sporttherapie war bereits gut angelaufen.
Am 17. Dezember bei der Operation im Diakonissenkrankenhaus war ich erstaunlich gelassen (Blutdruck 110/70). Das Team Dr. Patsch / Dr. Dirisamer leistete hervorragende Arbeit. Ich hatte postoperativ kaum Beschwerden, die Krücken landeten gleich in der Ecke, die Ortheseschiene zwei Wochen später. Es folgte konsequente Physiotherapie (4 Einheiten pro Woche) zunächst Lymphdrainagen, dann zunehmend Muskelaufbau, lähmende Einheiten am Hometrainer. Wichtig war auch die begleitende Psychotherapie durch das Sporttherapie-Team (wurde nicht extra in Rechnung gestellt).
Am 8. Jänner war ich wieder in der Ordination, es funktionierte alles besser, als erwartet. Ab Februar nervte ich Arzt und Therapeuten: „Wann darf ich wieder laufen?“ Ich einigte mich mit dem Expertenteam auf die Karwoche. Die empfohlene Vorsicht war bald über Bord geworfen, am Ende der Woche konnte ich bereits 7 Kilometer in einem vernünftigen Tempo joggen.
Beim ersten Meisterschaftsspiel im Tischtennis (ohne Wissen meiner Betreuer) gewann ich gegen zwei Kollegen, gegen die ich zuvor noch nie gewonnen hatte. Beim Linz-Marathon legte ich die Schlussetappe mit einem Kilometerschnitt von 5 min 45 zurück, zum ersten Mal in meinem Leben ohne Brechreiz. Bei den Medigames in Limerick (Irland) schnitt ich in Tischtennis und Leichtathletik besser ab, als ein Jahr vorher in Wels, holte sechs Medaillen. Mein ganz persönliches Highlight war der 400m-Lauf, bei dem ich mit 71,89 die Silbermedaille holte. Ich bin tatsächlich stärker zurückgekommen, als ich vor der Verletzung war. So viel zum Glück, sich das Kreuzband zu reißen!
Gewidmet meinen Therapeutinnen Anja, Theresa und Elisabeth, ein bisschen auch meinem Arzt Dr. Christian Patsch und Sepp Wiesauer