Leben ala Carte – 1703

Hüft des wos?

Therapie und Training bei Hüftbeschwerden

Stefanie Riedler, sporttherapieElisabeth Aigner
Text: Stefanie Riedler und Elisabeth Aigner

Und des hüft?“, fragte Herr Winkler, passionierter Hobbyläufer, als ihm der Therapeut nach der Anamnese seiner Hüftbeschwerden zu Stabilisationstraining riet. Die oft gestellte Frage ist mit einem klaren „Ja“ zu beantworten, denn muskuläre Dysbalancen und Kraftdefizite der stabilisierenden Muskeln sind Hauptverursacher von Hüftproblemen, weshalb adäquates Training der Kern jedes therapeutischen Ansatzes ist.

 

Kräftigung der Abduktoren in Seitlage
Kräftigung der Abduktoren in Seitlage

 

Dem Hüftgelenk wird als zentrales Bindeglied zwischen unterer Extremität und Rumpf viel abverlangt. Der Widerspruch, zugleich mobil und stabil zu sein, ist schwer zu erfüllen und führt immer wieder zu klassischen Beschwerdebildern. Druckschmerz seitlich am Schleimbeutel, Ausstrahlungen ins Gesäß und nach unten entlang des hinteren Oberschenkels bis zum Knie durch eine Reizung des Ischiasnervs, sowie ein Ziehen in der Leiste sind häufig Zeichen eines Hüftproblems. Verursacht können die beschriebenen Symptome auch von einer Blockade des Kreuz-Darmbeingelenks oder der Wirbelsäule werden. Auch Fehlstellungen im Sprung- und Kniegelenk können zu einer Fehlbelastung im Hüftgelenk führen.

Therapie

Um eine Therapie zielführend aufzubauen, steht das Aufsuchen der beschwerdeverursachenden Struktur an erster Stelle. Daraus ergeben sich erste Rückschlüsse. Schon das zeitliche Auftreten der Schmerzen gibt einen Hinweis auf die betroffene Struktur. Klinische Tests und bildgebende Diagnostik helfen bei der endgültigen Abklärung.

In der akuten Phase helfen abschwellende Maßnahmen wie intermittierender Zug am Hüftgelenk und Lockerung der verspannten Muskulatur. Die zusätzliche Behandlung mit Strom und Ultraschall erzielt gute Erfolge. Nach Abklingen der akuten Schmerzen kann mit leichten zentrierenden Mobilisationen begonnen werden. Dabei dürfen auch die Gelenke der unteren Extremität, das Kreuz-Darmbeingelenk und die Lendenwirbelsäule nicht vergessen werden. Muskuläre Dysbalancen sind sowohl Ursache als auch Folge von Beschwerden. Daher ist es wichtig schwache Muskulatur sukzessive aufzubauen und die verkürzte zu dehnen.

 

Beckenheben im Seitzstütz / Beinabspreizen in Schulterlage
Beckenheben im Seitzstütz / Beinabspreizen in Schulterlage

Training

Personen mit einem Instabilitätsproblem der Hüfte erzählen meist von Einschränkungen beim Ausüben ihrer Sportart, insbesondere beim Walken oder Laufen aber auch im Alltag z. B. beim Stiegen steigen. Beim aufrechten Stand wirkt eine Kraft von ca. 80% des Körpergewichts auf die Hüfte, dies verstärkt sich bei Belastungen, wie z. B. beim Laufen erheblich. Äußerlich erkennt man solche Instabilitätsprobleme manchmal auch durch ein verschlechtertes Gangbild. In ausgeprägten Fällen zeigt sich ein Hinkmechanismus mit Einknicken zur betroffenen Seite.

ichtig für das Training ist einerseits ein gezielter Aufbau der Muskelkraft aber auch das funktionierende Zusammenspiel verschiedener Muskelgruppen, denn betroffen kann die Rumpf-, Hüft- und Oberschenkelmuskulatur sein. Muskelaufbautraining sollte daher immer mit einem individuell abgestimmten Koordinations- und Ausdauertraining kombiniert werden. Schnelligkeits- und Schnellkrafttraining der Abduktoren und Hüftstrecker in Kombination mit klassischen Kraftübungen komplettieren das Training. Denn je schneller die Muskulatur aktiviert werden kann, desto weniger Belastung wirkt auf das Gelenk. Um den Dysbalancen entgegenzuwirken wird auch oft einbeinig trainiert. Zum Beispiel werden auf der schwächeren Seite gegenüber der anderen mehrere Sätze absolviert.

 

Kniebeugen beidbeining, Kniebeugen einbeinig / Steigen
Kniebeugen beidbeining, Kniebeugen einbeinig / Steigen

 

Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Trainingsintensität und den Trainingsumfang gelegt werden, welche immer an die individuelle Leistungsfähigkeit der Personen angepasst werden muss, um am Ende das beste Ergebnis zu erzielen.

Um einen adäquaten Muskelaufbau zu erreichen, sollte dreimal pro Woche trainiert werden. Zur Krafterhaltung empfehlen sich ein bis zwei Trainingseinheiten pro Woche. Die Intensität sollte zwischen 60 und 70 % liegen, das bedeutet maximal 15 Wiederholungen. Bei einem Rumpfmuskeltraining gilt eine Belastungsdauer von 40 Sekunden. Die Serienanzahl sollte drei bis fünf pro Übung betragen. Die persönlichen Ziele variieren stark. So reicht älteren Personen oft, Stiegen steigen zu können, während Hobbysportler uneingeschränkt ihrer Sportart nachgehen und Leistungssportler wieder Bestleistungen erzielen wollen. Beschwerdefreiheit ist ihr gemeinsames Ziel.

Hält sich der Kunde an die Vorgaben des Arztes und Therapeuten, so kann bereits nach dem ersten Therapie- und Trainingszyklus von 4 Wochen bestätigt werden, dass es tatsächlich „wos hüft“!