Das Streben nach Freiheit
Faszination Motorrad
Text: Peter Schönlaub
Freiheit ist ein abgegriffenes Wort, erst recht im Zusammenhang mit dem Motorrad. Und dennoch bekommt man es oft als Antwort, wenn man Biker fragt, warum sie so viel Freizeit und noch mehr Geld in ihr Hobby investieren. Es muss also schon was dran sein.
Doch was bedeutet Freiheit am Motorrad? Vielleicht die Tatsache, dass man im Gegensatz zum Auto den Elementen ausgesetzt ist: dem Wind, der gleißenden Sonne, strömendem Regen und mit ein wenig Pech sogar Hagel, Schnee, Gewitter. Es gibt keine Fenster, um sich abzuschotten, kein Cabriodach, um sich zeitweisen Schutz zu verschaffen.
Nun könnte man einwenden: Freiheit scheint ganz schön ungemütlich zu sein. Sicher, das trifft mitunter zu. Doch an den goldenen Motorradtagen führt einem der Wind den Geruch frisch gemähter Wiesen zu, die Sonne streichelt das Gesicht und man erlebt die herrlichsten Landschaften in einer Unmittelbarkeit und Dichte, wie es nur am Zweirad möglich ist.
Der Purismus und die eingeschränkten Transportkapazitäten eines Zweirads bedingen zudem eine bewusste Auswahl begleitender Utensilien, was wiederum den Fokus auf das Wesentliche lenkt. Ablenkungen werden so von Grund auf vermieden, die Komplexität unserer Welt wird reduziert – ein segensreicher Side-Effekt im multimedialen Hightech-Chaos.
Nicht zuletzt erzwingt das Motorradfahren selbst völlige Aufmerksamkeit, versetzt in einen Flow-Zustand, den Soziologen vor einigen Jahren als Auslöser für Glücksgefühle identifizieren konnten. Mögliche Alltagsprobleme rücken dabei wie von selbst in den Hintergrund, zumindest für einige Zeit. Auch darin mag eine erlösende Wirkung liegen: die Befreiung vom Pfahle des eigenen Ich, wie es Heimito von Doderer nannte.
So sieht aber nur eine Interpretation von Freiheit aus, nur ein Zugang zur Faszination des Motorradfahrens. Mit Ski kann man ja auch 210 Meter weit springen, auf Loipen wandern, Tiefschneehänge hinunterwedeln oder sich hinter einem Boot über den See ziehen lassen. Ähnlich sieht’s beim Motorrad aus: Je nach Ausführung kann es die Mobilität in der Stadt um eine praktische Facette bereichern, als Sportgerät auf der Rennstrecke in Ekstase versetzen, für Ausflüge und Reisen verwendet werden, unwegsames Gelände erkunden oder einfach nur in seiner objekthaften Schönheit eine Garage veredeln.
Für welchen Zugang, für welchen Einsatzzweck man auch immer sich entscheidet, wichtig ist dabei stets eine Gewissheit, die man frei nach Loriot formulieren kann: Ein Leben ohne Motorrad ist möglich. Aber sinnlos.
Aller Anfang ist leicht – Fünf Tipps für Rookies und Wiedereinsteiger
1. Training unter Anleitung ist keine Schande.
Buchen Sie einen Auffrischungskurs bei einer Fahrschule oder einem Mobilitätsclub. Eine gute Gelegenheit sind sogenannte „Warm-ups“, die von der ÖAMTC Fahrtechnik im Frühjahr in ihren auf Österreich verteilten Zentren durchgeführt werden.
2. Suchen Sie sich das richtige Motorrad.
Eine niedrige Sitzhöhe, die einen sicheren Stand mit ganzer Fußsohle ermöglicht, schafft Vertrauen. Und je leichter das Bike ist, desto unkomplizierter gerät das Handling und desto einfacher das Rangieren. Beides sind anfänglich wichtigere Eigenschaften als Power oder Protzigkeit.
3. Gehen Sie’s langsam an.
Vor allem im Frühjahr sind die schönsten Fahrstrecken (Kurven im Hinterland) oft noch verschmutzt und die Reflexe noch nicht so wach wie nach einigen absolvierten Ausfahrten.
4. Suchen Sie sich Gleichgesinnte.
Gemeinsame Ausfahrten erhöhen den Spaßfaktor, außerdem hat man gleich Hilfe bei der Hand, wenn einmal ein Hoppala passiert. Das muss kein Ausrutscher sein, es reicht schon ein Umfaller am Stand oder ein kleiner technischer Defekt.
5. Besuchen Sie ein Trial-Training.
Auch wenn Sie nicht vorhaben, ein Offroad-Champion zu werden, hilft Ihnen das Üben mit den zierlichen Trial-Bikes im niedrigsten Geschwindigkeitsbereich. Man trainiert Balance, koordinative Fähigkeiten, Blicktechnik. All das kommt einen auch auf der Straße zugute. Trial-Trainings werden beispielsweise von der ÖAMTC Fahrtechnik angeboten oder auf www.trialschule.at
On the road – Fünf unterhaltsame Motorradstrecken in und um Österreich
1. Wildalpen.
Klassiker im hohen Norden der Steiermark – traumhafte Strecke entlang der Salza zwischen Mariazell und Hieflau.
2. Tatzelwurm.
Herrliche Kurven zwischen Oberaudorf und Bayrischzell, einen Katzensprung von der österreichischen Grenze entfernt – mittendrin das legendäre Hotel Tatzelwurm. Die Strecke ist Teil der „Deutschen Alpenstraße“.
3. Sella Chianzutan.
Der erste Teil der Route zwischen Tolmezzo und Pinzano im italienischen Friaul wird heute noch zeitweise als Bergrennstrecke genützt.
4. Sölkpass.
Einer der weniger befahrenen Übergänge über den Alpenhauptkamm. Spektakuläre Ausblicke zwischen Gröbming und Murau.
5. Geschriebenstein.
Auch in Ostösterreich findet man tolle Motorradstrecken, etwa die Verbindung zwischen Lockenhaus und Rechnitz – wunderbare Kurven durch den Wald.
Frische Ware – Fünf Motorrrad-Highlights für 2018
1. Honda Gold Wing.
Man kann ruhig von einer neuen Ära sprechen – die Vorgängerversion des Kultmodells war immerhin 17 Jahre am Markt. Das neue Modell behält den Sechszylinder-Boxermotor bei und bietet in der Topversion weiterhin einen integrierten Airbag, verliert aber dramatisch an Gewicht und setzt im Infotainmentbereich neue Maßstäbe. Weiteres Highlight: Erstmals ist das Doppelkupplungsgetriebe DCT und damit eine Automatikfunktion für die Gold Wing verfügbar.
2. KTM 790 Duke.
Auch bei den Oberösterreichern brechen mit diesem Modell neue Zeiten an. In dem sportlichen Naked Bike debütiert ein völlig neu entwickelter Reihen-Zweizylindermotor, der künftig eine ganze Modellfamilie befeuern soll. In der 790 Duke leistet der Motor 105 PS, was in Verbindung mit dem niedrigen Trockengewicht von 169 Kilo spektakuläre Fahrleistungen verspricht.
3. Kawasaki Ninja H2 SX.
Die Japaner wenden die 2015 erstmals eingeführte Kompressor-Technik nun in einem Sporttourer an. Die 200 PS starke Rakete steckt voller Hightech und ist perfekt für alle, die Abenteuer und Sightseeing mit Adrenalin verknüpfen wollen.
4. Harley-Davidson Fat Bob.
Mit der Neuauflage der Fat Bob präsentieren die Amerikaner die sportlichste und optisch auffälligste Harley seit Jahren. Mit moderner Upside-down-Gabel, zwei Bremsscheiben vorne und fahraktiver Sitzposition ist das Modell mit zwei Varianten des neuen Milwaukee-8-Motors zu haben: 1745 oder 1868 ccm, 87 oder 94 PS. Reine Luftkühlung befiehlt das Reinheitsgebot.
5. BMW C 400 X.
Große Roller werden als Freizeit- und sogar Reisegefährte immer beliebter. Daher ist es nur konsequent, dass die Bayern unterhalb ihrer Premium-Rollerlinie (C 650) einen lang erwarteten Mittelklasse-Scooter nachreichen. Der auffällig gestylte C 400 X leistet 34 PS und besitzt einen flexiblen Stauraum, den man per Ausklapp-Mechanismus vergrößern kann.
Am Bike: Peter Schönlaub.
Er ist Herausgeber und Chefredakteur des Motorradmagazins – Österreichs Zeitschrift für schräges Leben.