Alles in Ordnung

Ordnung ist das halbe Leben. Unordnung auch!

Ich bin glücklicher, als je zuvor!“, schreit es von der Titelseite des Bestsellers „Magic Cleaning“ von Marie Kondo. „Ich spüre eine ungeahnte Kraft in mir. Auf einmal wusste ich, was wirklich wichtig ist“, sagen Fans nach der Lektüre. Die Einschaltquoten ihrer Sendung auf Netflix gehen durch die Decke. Mit ihrer KonMari-Methode wird sie durch richtiges Aufräumen zum Superstar. Mit bahnbrechenden Ideen, wie etwa auf die größten Platzfresser, wie Kleiderbügel, zu verzichten, Socken aufgerollt zu lagern und T-Shirts und Pullover stehend aufzubewahren (stapeln verboten) wird „Aufräumen – ein großes Fest“. Ordnung macht glücklich! Das Resultat eröffnet ein neues (aufgeräumtes) Lebensglück.

Alles in Ordnung: Chaos
Chaos und Ordnung sind enge Verwandte. Liest man die Wörter von oben nach unten, erkennen wir dreimal Chaos, beginnt man von unten, erkennen wir dreimal Order (Ordnung), erst beim letzten Wort schlägt unsere Wahrnehmung auf Chaos um.

 

Bei dichtem Schneefall, gemütlich bei romantischem Kerzenlicht, in eine flauschige Kaschmirdecke gehüllt, mit dicken Socken an den Füßen, auf dem molligen Berberteppich zu kuscheln, das repräsentiert den ­vollkommenen Glückszustand der Dänen. Das Hygge, kokonhaftes, auf Hochglanz poliertes ­Leben, machte die Bewohner des kleinen Landes jahrelang zum glücklichsten Volk Europas und Hygge machte weltweit Karriere.

Zwischen den Zeilen erahnt man das biedermeierisch Spießige am dänischen Glück. Die ­Inszenierung macht viel Mühe. Es geht aber auch weniger gespreizt, weniger keimfrei und bo­denständiger. ­Der große Spaß, sich alleine in Unterwäsche, in einer unaufgeräumten Wohnung, zu betrinken, machte die Finnen zum neuen Listenführer im Glücksranking. Mit Augenzwinkern wird vermittelt, dass es weniger fordernd, realitätsnäher und etwas unordentlicher auch geht. Das Kalsarikänni der Finnen ist entspannter. Müßiggang ist wichtiger als Aufräumen. Man nimmt sich Zeit nur für sich, ganz ohne dabei Schuldgefühle zu entwickeln.

Veröffentlicht in Essay