Energiezufuhr
Text: Karl Posch
Seit wenigen Jahren wurde der Fahrradmarkt in Österreich einer Frischzellenkur unterzogen. Diese Kur heißt E-Bike und wirkt: Die Verkaufszahlen sind innerhalb weniger Sommer von rund 400.000 verkauften Rädern auf 460.000 gestiegen.
Dabei sind die auf unseren Straßen und Bergen immer häufiger gesichteten Elektroräder streng genommen gar keine E-Bikes, sondern so genannte Pedelecs. Diese Pedelecs sind auf 250 Watt Motorleistung und 25 km/h höchste Unterstützungsleistung beschränkt und sind damit rechtlich wie normale Räder einzustufen. „Wirkliche“ E-Bikes kennen alle diese Limitierungen nicht, sind dafür aber mit Nummerntafel, Helmpflicht und Versicherung de facto einem Moped gleichgesetzt. Die Wortklauberei ist in der Praxis jedoch egal, Räder mit Unterstützungsantrieb haben die Radszene erobert.
Die Gründe dafür sind nicht in Zahlen festzumachen, sondern müssen selbst „erfahren“ werden. Kein anderes Sportgerät bringt das Naturerlebnis so nahe wie das E-Bike. Durch die Motorunterstützung werden Konditionsunterschiede ausgeglichen und die Reichweite während eines Tages deutlich erhöht. Die ersparte Mühe zaubert allen, die erstmals auf einem Elektrorad sitzen, ein Lächeln ins Gesicht. Das E-Biken ist trotzdem Sport und ich empfehle allen Skeptikern den Selbstversuch. Ein E-Bike auszuprobieren tut nicht weh und kostet wenig. Alle Argumente, dass diese Räder unfallträchtig und schwer zu fahren wären, stimmen schlichtweg nicht, es sind einfach nur Räder mit Unterstützungs-Motor. Es besteht nur eine Gefahr: Die Suchtgefahr. Wer die Vorzüge eines E-Bikes einmal genossen hat, mag sie nicht mehr missen.
Das Fahrrad mit Elektromotor produziert immer noch viele Fragen bei „Bio-Bikern“. Wir versuchen, nachfolgend einige der am öftesten gestellten Fragen zu beantworten.
Wie gefährlich sind E-Bikes?
Grundsätzlich ist das E-Bike nicht gefährlicher als ein anders Rad, warum auch? Klar ist aber, wer auf einem Rad sitzt, kann stürzen. Wer länger nicht gefahren ist, sollte erst wieder in Übung kommen, bevor es an längere Touren geht. Der Spaß und gesundheitliche Nutzen überwiegt bei weitem ein mögliches Sturzrisiko, aufpassen und „Helm aufsetzen“ heißt es natürlich trotzdem.
Sind E-Bikes nur was für ältere Radler?
Mitnichten. Der Altersschnitt der E-Bike Besitzer ist drastisch gesunken, zuletzt fast beim Bio-Biker angekommen. Doch während ältere Fahrer schlicht die Erleichterung beim Treten schätzen, sind die jüngeren mit dem Bike vor allem weite Strecken unterwegs, verwenden es als Zustiegsrad für Bergtouren oder für den täglichen Weg zur Arbeit.
Kann man ein E-Bike auch sportlich nutzen?
Die Motoren von Elektrorädern unterstützen die Fahrleistung mit max. 250 Watt, die Leistung kann in mehreren Stufen gewählt werden. Ohne treten fahren, also wie ein Moped, können sie nicht. E-Bike zu fahren kann deshalb prinzipiell genau so anstrengend sein wie Bio-Radfahren, nur ist man eben gegebenenfalls schneller. E-Bikes sind zudem bestens geeignet, um den Puls in einem gewünschten Bereich zu halten, was bei einem normalen Mountainbike auf steilen Straßen oft nicht möglich ist.
Wie lange halten die Akkus und der Motor?
Elektromotoren sind grundsätzlich sehr langlebig. Wenn nicht ein seltener elektronischer Defekt auftritt, wird die Lebensdauer eines solchen Motors wohl deutlich höher sein als die aller anderen Radkomponenten. Wiederaufladbare Akkus basieren mittlerweile fast ausschließlich auf Lithium-Ionen Technologie und haben keinen Memory-Effekt mehr, auch wenn sie nur teilgeladen werden. Ganz allgemein sagt man, dass nach 1.000 Ladevorgängen Akkus noch eine Kapazität von 80% haben. Eine Lebensdauer von vier bis acht Jahren je nach Nutzung ist in der Praxis realistisch. Übrigens: Eine volle Ladung kostet zwischen fünf und zehn Cent.
Wie lagert man Akkus von E-Bikes?
So, wie der Fahrer „gelagert“ werden möchte. Nicht in der prallen Sonne, nicht bei Minusgraden. Und immer mindestens 30% geladen.
Wie sieht der ökologische Fußabdruck von E-Bikes aus?
Natürlich ist es bei weitem umweltfreundlicher, ein Rad für den Weg zum Arbeitsplatz zu verwenden als ein Auto. Nicht nur wegen der Abgase, sondern auch wegen des verminderten Platzbedarfs. Räder sind ressourcenschonend. Das Thema der Rohstoffe für die Akkus ist schwieriger. Dass bei der Gewinnung dieser Rohstoffe nicht alles optimal läuft, wird immer offensichtlicher. Da durch die Elektrifizierung aber deutlich mehr Menschen mit Rädern fahren können und wollen und dadurch der Individual-Autoverkehr eingedämmt wird, ist die Ökobilanz wohl dennoch deutlich positiv.
Die Moral der Geschichte
E-Bikes sind aus vielen Bereichen des täglichen Lebens nicht mehr wegzudenken und als Ergänzung des Nah- und Erholungsverkehrs bereits fixer Bestandteil unseres Lebens. Citybikes revolutionieren dabei den Verkehr in Ballungszentren, Freizeiträder bringen wieder mehr Menschen in die Sättel. Ich empfehle, die Räder vor allem für ein Abenteuer auf den Bergen zu nutzen. Alle Argumente für und gegen das E-Biken haben wohl Ihre Berechtigung und sollen beachtet werden. Am Ende geht es aber um sportliche Betätigung, Bewegung und einen ökologisch positiven Ansatz. Deshalb wird die explosionshafte Vermehrung der elektrischen Antriebe im Fahrradbereich sicherlich nicht nur ein Hype sein. Besser am Rad sitzen und sich bewegen als im Auto versauern. In diesem Sinne: Auf die Sättel, fertig los!
Zahlen Daten Fakten
- In Österreich gibt es 712.000 Mountainbiker mit einem Durchschnittsalter von 41 Jahren
- Rad Neukäufe 457.000, davon 1/3 E-Bikes. Steigerung 2018 rund 10% durch E-Bikes.
- 64.000 E-Mountainbikes werden pro Jahr in Ö gekauft
- Eine E-Biketour geht im Schnitt über 25 – 60 km in 3 – 7 Bewegungsstunden
Karl Posch betreibt in Gosau einen E-Bike Verleih. Der „Nemo Point Gosau“ ist darüber hinaus Dreh- und Angelpunkt der örtlichen Bike-Guide-Szene. Tel.: 0660 4113091