Verzicht?

Illustration: peng
Illustration: peng

 

In Wien, da fährt man gern auf Urlaub,
genießt die Wälder in Naturlaub,
doch muss man, ist die Kasse klein,
sich in Gastein kastein.

Karl Farkas konnte sich trefflich über die Wiener Hautevolee amüsieren, die sich „auf Kur“ nach Gastein begab und glaubte, sich zu kasteien, wenn sie Champagner schlürfend auf das Gabelfrühstück verzichtete.
„Da Pepi ist so bescheiden. Seit er den Rolls Royce hat, braucht er gar nichts mehr“, witzelte die Wiener Bourgeoise über den Iffland-Ring-Träger, Burgschauspieler Josef Meinrad, als er sich einen goldenen Rolls Royce mit Chauffeur zulegte.

Reinhold Messner verzichtete am Mont Everest als erster auf Sauerstoff. Die Leistung unbenommen, ermöglicht ihm das doch, dass sein Beruf heute „Reinhold Messner“ ist. Auf seinem Schloss Juval heizt er nur zwei Zimmer. Seine Frau Diane, Koautorin von „Sinnbilder – Verzicht als Inspiration für ein gelingendes Leben“ verzichtet ihm zuliebe auf ein veganes Leben und isst nun wieder Fleisch. Auf das Fliegen verzichten sie nicht. „Ich lasse mir doch mein Leben nicht nehmen“, sagt Messner im Interview.

Die Fridays for future community verzichtet auf Auto und Flugzeug, aber nicht aufs Internet, obwohl die Internetnutzung allein in Deutschland mehr CO2-Emissionen verursacht als der gesamte Flugverkehr.
Ich persönlich verzichte bereits ein Leben lang auf Wagner Opern. Sie erreichen mich nicht. Ebenso auf Kalbsnierenbraten, er brunzelt irgendwie. Die Musik von Mozart, den Beatles und Nina Simone und meinen geliebten Kalbsrollbraten mit Risipisi und Gurkensalat genieße ich weiter. Ich lasse mir doch mein Leben nicht nehmen.

Verzicht heißt definitionsgemäß, Dinge wegzulassen, die einem wert sind, Entsagung, getragen von Disziplin. Alles andere ist verzichtbare Koketterie. Wenn wir alle nur darauf „verzichten“, was uns ohnehin nicht fehlt, werden wir die großen, anstehenden Probleme nicht lösen können.
P.S.: Konsequenterweise werde ich auf Reinhold Messners Buch verzichten