Hauptsache Bewegung

Hilfreiche Tipps bei Rückenschmerzen


Text: Jasmin Plöckinger

Die Wirbelsäule ist das zentrale Element unseres Bewegungsapparates und spielt eine entscheidende Rolle für unsere Gesundheit und Lebensqualität. Die Wirbel mit den Bandscheiben als Abstandhalter schützen das Rückenmark und bieten gleichzeitig sowohl Flexibilität als auch Stabilität.

Wie kommt man trotz Rückenschmerzen gut durch den Alltag? Die Antwort auf diese Frage könnte individueller kaum sein. Worüber man nachdenken sollte: Treten die Beschwerden eher im Sitzen oder im Stehen auf? Eher morgens oder abends? Sitzender oder stehender Job?

Mobilisation Brustwirbelsäule
Mobilisation Brustwirbelsäule

Alltagsmanagement

Wacht man morgens schon mit Schmerzen auf, können leichte Mobilisierungsübungen im Bett helfen, eine erste Abhilfe zu schaffen. Dafür z.B. die Beine aufstellen und leicht nach links/rechts wippen oder das Becken abwechselnd nach hinten/vorne bzw. seitlich kippen.

Der Arbeitsplatz ist oftmals eher einseitig und wenig abwechslungsreich. Worauf man achten kann, sind verschiedene Haltungspositionen und eine individuelle Pausengestaltung. Keiner muss den ganzen Tag kerzengerade sitzen können, die regelmäßige Abwechslung macht den Unterschied. Personen, deren Beschwerden eher im Stehen oder in Bewegung auftreten, dürfen durchaus auch „schlampig“ auf ihrem Bürosessel sitzen, dies ist meist sogar besser verträglich und verursacht oft kaum Schmerzen. Treten die Schmerzen eher im Sitzen auf, macht eine aufrechte Körperhaltung mit einer gut stützenden Rückenlehne bzw. zwischenzeitliches Arbeiten bei einem Stehtisch Sinn.

Bei körperlich herausfordernden bzw. stehenden Tätigkeiten sollten die Pausen eher sitzend, am besten angelehnt an eine Sessellehne, erfolgen. Bei Möglichkeit auch gerne 15-20 Minuten hinlegen, die Bandscheiben freuen sich. Findet der Arbeitsalltag hingegen im Sitzen statt, könnte bereits ein 15-minütiger Spaziergang in der Mittagspause die Beschwerden verbessern. Auch der Autositz kann je nach Beschwerdebild unterschiedlich eingestellt werden. Während manche Personen aufrecht und hoch Sitzen besser vertragen, finden andere eine etwas schräg gestellte Rückenlehne mit einem eher tiefen Sitz angenehmer.

 

Tiefenstabilität im Vierfüßerstand
Tiefenstabilität im Vierfüßerstand

Bewegung, Bewegung, Bewegung

Bewegung ist essenziell für die Gesundheit unserer Wirbelsäule. Unsere Bandscheiben sind nicht besonders gut durchblutet, daher holen sie sich ihre Nährstoffe aus ihrer unmittelbaren Umgebung. Um einen guten Nährstoffaustausch zu gewährleisten, ist Bewegung und das daraus folgende ständige Wechselspiel zwischen Be- und Entlastung entscheidend. Dabei ist die Art der Bewegung nebensächlich – ob Spazierengehen, Joggen, Wandern, Tanzen, Klettern, etc. – Hauptsache in Bewegung!

Bei Rückenschmerzen sollten Zeitpunkt und Dauer bedacht werden. Je nach Beschwerdebild kann Bewegung am Morgen gut tolerierbar sein und abends werden die Schmerzen durch Bewegung eher verstärkt – oder aber umgekehrt. Eventuell braucht der ein oder andere direkt vor der Bewegungseinheit noch eine kurze Entlastungsphase und kann so die Beschwerden gut in Zaum halten. Im akuteren Stadium sind 20-30 Minuten völlig ausreichend, um von den positiven Effekten auf die Wirbelsäule zu profitieren.

Stabilität

Vor allem unsere Hals- und Lendenwirbelsäule benötigt ausreichend muskuläre Stabilisierung, um die Strukturen in der Wirbelsäule nicht zu überbeanspruchen und Verletzungen z.B. an der Bandscheibe zu vermeiden. Während oder nach einer Episode von Rückenschmerzen verliert unsere stabilisierende Rückenmuskulatur oft einen Teil ihrer Aktivierungsfähigkeit bzw. Kraft. Wirkt man hier nicht entgegen, kann es sogar sein, dass Muskelgewebe durch Fetteinlagerungen ersetzt wird und seine Funktion teilweise verliert. Dies ist jedoch nicht irreversibel und kann durch gezieltes Training wieder rückgängig gemacht werden. Zu Beginn werden Aktivierungsübungen für die lokalen, tiefen Stabilisatoren erlernt und später, sobald es die Schmerzen zulassen, mit gezieltem Rumpftraining die Kraft der globalen/oberflächlichen Muskulatur gesteigert.

Dehnen Hüftbeuger
Dehnen Hüftbeuger

Mobilisieren & Dehnen

Unsere Brustwirbelsäule ist aufgrund der Verbindung mit den Rippen automatisch etwas rigider und weniger beweglich. Die vorhandene Beweglichkeit neigt dazu, im Laufe der Zeit noch weniger zu werden. Ist dies der Fall, müssen Hals- und Lendenwirbelsäule die verringerte Mobilität kompensieren und werden dadurch anfälliger für Überlastungen und Bandscheibenvorfälle, weil ihr gewohntes Bewegungsausmaß nicht mehr ausreicht. Eine gute Mobilität in der Brustwirbelsäule ist daher essenziell.

Beim Dehnen gilt: Höre auf deinen Körper und reflektiere stets deine Symptome. Denn während Dehnübungen für die Nacken-, Gesäß- oder Hüftmuskulatur oft guttun und helfen können, Symptome zu verringern, kann auch das genaue Gegenteil eintreten. Vor allem wenn die Nerven, die unsere Wirbelsäule verlassen, ursächlich für die Schmerzen im Rücken, Bein oder Arm sind, kann zu exzessives Dehnen schmerzverstärkend wirken und die Heilung verzögern.

Ein individuelles Übungsprogramm wird am besten gemeinsam mit dem Physiotherapeuten und Sportwissenschafter erarbeitet. Im Zuge der Physiotherapie kommen passive Mobilisationstechniken zur Anwendung, die Nerv, Bandscheibe und/oder Wirbelgelenk entlasten. Weichteiltechniken erhöhen die Durchblutung und wirken zusätzlich schmerzlindernd.

Take home message

Die Wirbelsäule ist entscheidend für unsere Gesundheit und Lebensqualität, kann jedoch häufig Schmerzen verursachen, die individuelles Management erfordern. Wichtige Strategien zur Linderung sind abwechslungsreiche Haltungspositionen am Arbeitsplatz sowie stabilisierendes Training mit Bedacht auf eine mobile Wirbelsäulenmitte (Brustwirbelsäule). Und: Bewegung, Bewegung, Bewegung!