Alles dreht sich …

... um die Rotatorenmanschette

Franziska Donner
Text: Franziska Donner

Schulterbeschwerden sind täglich Brot im Praxisalltag. Häufig handelt es sich dabei um Rotatorenmanschetten-assoziierte Beschwerden, wie Abnützungserscheinungen an den Sehnen, akute oder chronische Risse und die Entzündung des Schleimbeutels unter dem Schulterdach.

 

Cross Body Stretch
Cross Body Stretch

 

Anhand der aktuellen Literatur sollten folgende drei Faktoren in der Rehabilitation auf jeden Fall beachtet werden:

  • Bio-psycho-sozialer Ansatz
  • Generelle Prinzipien der Rehabilitation
  • Kommunikation und Aufklärung

 

Sleeper Stretch
Sleeper Stretch

Bio-psycho-sozialer Ansatz

Innerhalb der Reha sollten früh mögliche Treiber identifiziert werden. Dazu zählen z.B. Erkrankungen, die mit einem erhöhten Risiko für Schulterschmerzen verbunden sind (hoher BMI oder metabolische Dysfunktionen). Des Weiteren sollten Lebensstilfaktoren, wie Ernährung, Rauchen oder ein geringes Aktivitätsniveau evaluiert werden. Individuelle Schmerz- und Anpassungsstrategien sollten ebenso erfasst werden. Als PhysiotherapeutInnen können wir die Betroffenen bei gesundheitsbezogenen Verhaltensänderungen unterstützen.

Die „symptomatische Schulter“ kann ein potenzieller Auslöser sein, um Veränderung anzugehen.

Generelle Prinzipien der Rehabilitation

Die wichtigsten Prinzipien sind das Belastungsmanagement (gezielte Entlastung bei hoher Schmerzintensität, progressive Belastung bei geringer Schmerzintensität) sowie die Prävention wiederkehrender Beschwerden. Anpassungen des Trainingsprogramms und unerwartete Reaktionen (z.B. eine Schmerzverstärkung) sollten mit dem/der PatientIn besprochen werden und weiteres Vorgehen entschieden werden.

Das klinische Bild ist sehr variabel, das Programm sollte daher individualisiert und personenbezogen sein.

 

Frontheben, Seitheben, Schulteraußenrotation, Schulterinnenrotation

Kommunikation

Für eine erfolgreiche Rehabilitation sind Motivation und Compliance enorm wichtig. Um diese zu fördern, ist eine frühzeitige Aufklärung und Einbindung der PatientInnen in den Rehabilitationsprozess nötig. Rein biomechanisch begründete Erklärungen können oftmals das klinische Bild nicht vollständig beschreiben. Dies kann zu Missverständnissen und unter Umständen zu Komplikationen in der Rehabilitation führen. Da Schmerzen einen wesentlichen Leidensfaktor darstellen, sollte besprochen werden, in welchem Maße Schmerz während und nach dem Trainingsprogramm für die Person akzeptabel ist. Dabei ist es gut zu wissen, dass Verbesserungen sowohl durch Training unter Schmerzen als auch durch schmerzfreies Training erreicht werden können.

Schmerzen dürfen während des Trainings leicht zunehmen, sollten aber tolerabel bleiben und danach schnell wieder abklingen.

 

Dehnen

Trainingsparameter

Training ist ein wichtiges Element innerhalb der Rehabilitation. Allerdings gibt es noch Unklarheiten bezüglich der optimalen Parameter, z.B. die Anzahl an Wiederholungen und Sätzen.

Für mittel- bis langfristige Verbesserungen des Schmerzlevels und der Funktion sind höher dosierte oder progressive Übungen mit Widerstand, einem niedrig dosierten Training überlegen. Um klinisch signifikante Verbesserungen zu erzielen, sollte das Trainingsprogramm mindestens 12 Wochen umfassen. Gezieltes Schulterblatttraining kann Schmerzen und Funktion der Schulter verbessern.

Folgende Empfehlungen gelten für das Trainingsmanagement von Rotatorenmanschetten-assoziierten Schulterschmerzen:

Level 1: einfache Schulterbewegungen
Ziel: Ängste reduzieren, Schultermobilität verbessern, Vertrauen aufbauen, damit Übungen zuhause durchgeführt werden
Beispiele: Schulterflexion im Sitzen mit Tisch als Unterstützung, Schulterflexion im Liegen, im Stehen oder an der Wand

Level 2: progressives Widerstandstraining
Ziel: Kräftigung der Rotatorenmanschette
Beispiele: Isometrisches Krafttraining, Übungen gegen leichten Widerstand (Gymnastikband)

Level 3: patientenspezifische und funktionelle Rehabilitation
Ziel: Realisierung individueller funktioneller Bewegungsziele
Um diese Stufe zu erreichen, gilt es, eine ausführliche Patientenanamnese und Funktionsuntersuchung zu machen.

Folgende Auffälligkeiten werden häufig mit Rotatorenmanschetten-assoziierten Schulterschmerzen in Verbindung gebracht:

  • Eingeschränkte Schulterbeweglichkeit, vor allem in Flexion, Abduktion, Innen- und Außenrotation
  • Kraftverlust in der betroffenen Schulter- und Schulterblattmuskulatur
  • Verspannungen im Nackenbereich
  • Engeschränkte Beweglichkeit der Brustwirbelsäule in Extension und Rotation

Die Schulterbeweglichkeit kann auf verschiedene Art und Weise verbessert werden. Es sollte jedoch bewusst gemacht werden, dass es eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen kann.

Manuelle Mobilisation durch eine/n PhysiotherapeutIn ist eine dieser Möglichkeiten. Für zuhause bieten sich Schulterdehnungen, wie zum Beispiel der Sleeper Stretch oder Crossbody Stretch an. Des Weiteren kann durch exzentrisches Training die Beweglichkeit verbessert werden.

Für die Kräftigung der Rotatorenmanschette eignen sich einfache Übungen, wie zum Beispiel: Frontheben, Seitheben und Widerstandstraining für die Außen- und Innenrotation. Um die Schulterblattmuskulatur zu kräftigen können Ruderübungen und Liegestütze gegen die Wand durchgeführt werden.

Aufgrund von Ausweichbewegungen und Schonhaltungen können sich bei Schulterschmerzen Verspannungen im Nacken manifestieren. Diese können durch Weichteil- und Entspannungstechniken positiv beeinflusst werden. Für zuhause kann gern ein Faszienball oder -rolle als Massagegerät dienen.

Eine eingeschränkte Beweglichkeit der Brustwirbelsäule kann ein großer limitierender Faktor sein, um den Arm seitlich oder überkopf zu heben. Auch hier kann der/die PhysiotherapeutIn mittels manueller Mobilisation helfen, die funktionelle Kette zu verbessern. Für zuhause kann wiederum die Faszienrolle oder eine Stuhlkante herangezogen werden, um die Beweglichkeit in Extension zu verbessern. Zur Bewegungssteigerung in Rotation kann zum Beispiel sitzend, mit den Armen verschränkt am Brustkorb, gependelt werden.